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Das kleine Einmaleins der Kräuterküche: „Sammeln und hernehma!“

Ein Interview mit der Kräuterpädagogin Giesela Hafemeyer

Im Frühling beginnt die Saison der Wildkräutersammler. Dann schwärmen sie aus zu lichten Flussauen, an Feldränder und in die städtischen Parkanlagen. Und der ahnungslose aber interessierte Spaziergänger fragt sich: „Darf man das essen oder ist das giftig? Und wie kann man nochmal Bärlauch von dem anderen da unterscheiden, was so giftig sein soll. Wie hieß das nochmal?“ Maiglöckchen, genau!

Was es beim Wildkräutersammeln alles zu beachten gibt und vieles mehr erfahren Sie im Interview mit der Kräuterpädagogin und Bäuerin Gisela Hafemeyer.

 

Regionalportal:  Sie bieten auf Ihrem Hof Kräuterführungen an. Wie sieht eine klassische Führung bei Ihnen aus?

Hafemeyer:  Die Führungen finden bei uns auf dem Hof auf unseren eigenen Wiesen statt. Sie dauern in der Regel dreieinhalb bis vier Stunden. Zirka eineinhalb Stunden verbringen wir draußen und sammeln Kräuter, danach wird mit den Kräutern und übrigen Lebensmitteln gemeinsam am Hof gekocht, gegessen, und auch ein Mitbringsel für zu Hause vorbereitet. Mir ist auf den Führungen wichtig, den Geschmack der Kräuter zu vermitteln. Beispielsweise frage ich die Teilnehmer, wie denn die Vogelmiere schmeckt, dann wird intensiv gekaut und überlegt und keiner weiß so recht nach was. Von mir kommt oft die Hilfestellung „Vielleicht haben Sie schon einmal etwas stibitzt, das ähnlich schmeckt?“. „Nein“, antworten die Teilnehmer fast immer, „wir haben noch nie etwas geklaut“. Aber wenn ich dann sage, ob es nicht nach ganz jungen unreifen Maiskölbchen schmecke, dann heißt es ganz schnell „Ohh ja, die haben wir uns schon einmal vom Acker geholt…“. (Hafemeyer lacht)

 

Regionalportal:  Wer kann an solchen Führungen teilnehmen?

Hafemeyer:  Ich habe ein ganz gemischtes Publikum. Manche wissen schon einiges über Wildkräuter, andere stehen ganz am Anfang. Die Führungen sind auf den Anspruch von Erwachsenen konzipiert. Im Sommer und in den Ferien biete ich spezielle Kinderführungen an. Auch Schulklassen kommen vorbei. Sogar ein Junggesellenabschied mit lauter jungen Männern aus München hatte sich schon angekündigt.

 

Regionalportal:  Über das Jahr verteilt wachsen ja ganz unterschiedliche Kräuter, dementsprechend schaut jede Führung anders aus?

Hafemeyer:  Das stimmt! Die Saison beginnt Mitte April mit dem Scharbockskraut, dem Bärlauch, der Knoblauchsrauke oder dem Veilchen, mit dem man übrigens ganz feinen Veilchenzucker herstellen kann. Im Sommer gibt es viele Blüten wie die vom Borretsch oder vom Beinwell. Und im Herbst wird  zum Beispiel Vogelmiere gesammelt, aber auch Löwenzahn und Gänseblümchen, die es natürlich auch schon im Frühling und Sommer gibt. Und ich kombiniere dann gerne die Kräuter mit Heckenfrüchten wie der Vogelbeere oder der Schlehe. Im Oktober finden die letzten Kräuterführungen statt. Jede steht unter einem bestimmten Thema, zum Beispiel im Sommer „Rosen und Wildkräuter in der sommerlichen Küche“  oder im Herbst  „Kürbis trifft wilde Kräuter“.

 

Regionalportal:  Sie haben den Bärlauch erwähnt. Dieser ist allgemein bekannt und wird wegen seines Knoblauchgeruchs sehr geschätzt. Aber man weiß auch, dass er leicht mit anderen - giftigen! - Pflanzen verwechselt werden kann. Was gibt es da zu beachten?

Hafemeyer:  Viele denken ja, man kann Bärlauch sicher bestimmen, weil die Blätter nach Knoblauch riechen. Aber man sollte ihn nicht dem Geruch nach bestimmen! Die Hände riechen ja schon nach dem ersten Blatt, das man pflückt, nach Knoblauch, und wenn man dann an einem anderen Standort wieder Blätter findet und abpflückt, riechen die natürlich auch nach Knoblauch, auch wenn sie von einer ganz anderen Pflanze stammen! Besser man schaut sich die Blätter an. Beim Bärlauch gilt: Ein Blatt, ein Stiel! Die Stiele sind abgeflacht und wenn man das Blatt umknickt macht es richtig „knack!“. Die Herbstzeitlosen haben gar keinen Stiel und die Blätter sind gummiartig. Beim Maiglöckchen ist der Stiel rund und wie bei einer Tulpe wachsen die Blätter immer zu zweit in einem Schaft. Und beim Aronstab ist das Blatt nicht bis zum Stiel angewachsen und hat zudem am Stängelansatz zwei Zipfel. Weil das Wissen über die Pflanzen wichtig ist, empfehle ich den Teilnehmern Bestimmungsbücher mit gezeichneten Pflanzenbildern anstatt Fotografien, weil Zeichnungen die botanischen Merkmale besser sichtbar machen.

 

Regionalportal:  Inzwischen wird Bärlauch auch im Lebensmitteleinzelhandel angeboten. Ist das eine Alternative für all diejenigen, die nicht die Möglichkeiten zum Kräutersammeln haben?

Hafemeyer:  Dafür gibt es gewerbliche Sammler, die mit einer Genehmigung einen Teil eines Wildbestands absammeln. Sie fangen in den milden Regionen mit dem ersten Auftauchen vom Bärlauch an und ziehen mit ihm mit in die höheren Regionen. Weil auch der Bärlauch im Handel aus Wildsammlungen stammt sollte man ihn trotzdem auf giftige Blätter durchsehen!

 

Regionalportal:  Wenn man nun eine Kräuterführung mitgemacht hat und selbst Kräuter sammeln will -  wo macht man das am Besten und wo nicht?

Hafemeyer:  Selbstverständlich sammelt man nicht in Naturschutzgebieten und auch keine geschützten Pflanzen. Aber auch auf jeder Wiese herrscht im Sommer Betretungsverbot, also während der Zeit des Aufwuchses von Mitte April bis Mitte November. Wiesen sind Eigentum der Landwirte und der „Futternapf der Kühe“, jede zertretene Pflanze bleibt auch zertreten und richtet sich nicht wieder auf! Auch Straßenränder und Hundespazierwege sind ungünstig für das Sammeln von Kräutern. Gut eignen sich Wiesen- und Waldränder sowie Wald- und Feldwege. Oder der eigene Garten! Ich bitte Teilnehmer meiner Führungen immer, im Garten einfach mal was wachsen zu lassen. „Leben und leben lassen“ sage ich. Und wenn man was ausprobiert und zum Beispiel Giersch auch in der Küche verwendet, dann ändert das das Verhältnis zum Unkraut und lehrt die Achtsamkeit!

 

Regionalportal:  Wie sammelt man denn Kräuter ganz allgemein?

Hafemeyer:  Ganz einfach in Körbe. Mit dem Fingernagel abzwicken oder mit der Schere oder dem Messer abschneiden. Bitte nicht mit der Wurzel ausreißen! Im Sommer sammle ich den Löwenzahn immer zum Schluss, weil er bei Wärme leicht welkt. Mit ein paar Tropfen Wasser befeuchtet, halten sich Kräuter ein bis zwei Tage im Gefrierbeutel oder einer festen Box im Kühlschrank. Aber ich rate immer dazu, nur dann zu sammeln, wenn man die Kräuter auch am selben Tag verwendet, weil sie dann am frischesten sind und noch alle Vitamine und Mineralstoffe enthalten. Sammeln und hernehma!

 

Regionalportal:  Das macht Lust los zu spazieren, zu sammeln und leckere Rezepte auszuprobieren! Was ist ihr Lieblingsrezept mit Wildkräutern?

Hafemeyer:  Man kann so viel Verschiedenes mit Kräutern anfangen, von der klassischen Kräuterbutter bis zur Pizza mit Creme Fraîche und Bärlauch. Oft kauft man eine bestimmte Zutat, baucht aber nur eine kleine Menge davon und der Rest bleibt wochenlang im Kühlschrank stehen. Solche Zutaten lassen sich auch leicht mit Wildkräutern ersetzen und die Gerichte haben dann einen ganz neuen wunderbaren Geschmack! Und bei Kräuterbutter verzichte ich grundsätzlich auf Knoblauch, weil der das Aroma der Kräuter überdeckt. Dafür nehme ich einen Spritzer Zitrone.

Regionalportal: Sehr geehrte Frau Hafemeyer, vielen Dank für das Interview!

 

 

Neben Frau Hafemeyer bieten Kräuterpädagogen in ganz Bayern Kräuterführungen an. Einfach in der Suchmaske des Regionalportals „Kräuterführungen“ eingeben und in der eigenen Region suchen.

 

Rezepte von Frau Hafemeyer stellen wir demnächst hier bei unseren Regio-News vor.

 

 

 


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